openPR Logo
Pressemitteilung

"Comammox"-Bakterien: Langsam, aber super-effizient

News abonnierenPressekontakt | Wissenschaft, Forschung, Bildung

Pressemitteilung von: Universität Wien

/ PR Agentur: Universität Wien
Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Zell-Aggregats von Comammox-Bakterien der Art Nitrospira inopinata. Die spiralförmig gewundene Gestalt der Zellen ist gut erkennbar. (Copyright: Anne Daebeler u

Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Zell-Aggregats von Comammox-Bakterien der Art Nitrospira inopinata. Die spiralförmig gewundene Gestalt der Zellen ist gut erkennbar. (Copyright: Anne Daebeler u

Lösung des Stickstoff-Problems für Landwirtschaft, Kläranlagen und Trinkwasser rückt näher

---
Der natürliche Stickstoff-Kreislauf der Erde wird aufgrund von menschlichen Aktivitäten, vor allem durch die Düngung mit Stickstoff in der Landwirtschaft, massiv beeinflusst. Das hat dramatische ökologische Folgen. Ein Prozess des Stickstoff-Kreislaufs, die Nitrifikation, ist dabei besonders wichtig. Sie wird von Mikroorganismen durchgeführt. Ein internationales ForscherInnenteam unter der Leitung der Mikrobiologen Michael Wagner und Holger Daims von der Universität Wien hat nun herausgefunden, dass neuartige "Comammox-Bakterien" die Nitrifikation viel effizienter durchführen als andere Mikroben – womöglich mit weitreichenden Folgen für Landwirtschaft, Kläranlagen und für die Aufbereitung von Trinkwasser. Die Studie erscheint aktuell in der Zeitschrift "Nature".


Was haben Trinkwasser, Abwasser, unberührte und landwirtschaftlich genutzte Böden gemeinsam? Überall kommt – in verschiedenen Mengen – Ammonium vor, eine Stickstoff-Verbindung, die während der Zersetzung abgestorbener Lebewesen frei wird und auch oft als Stickstoff-Dünger Verwendung findet. Letzteres hat massiven Einfluss auf den natürlichen Stickstoff-Kreislauf: Aufgrund menschlicher Aktivitäten wird vielen Ökosystemen mehr Stickstoff in Form von Ammonium zugeführt als durch natürliche Prozesse. Die Folgen sind dramatisch und reichen vom Verschwinden vieler Pflanzen über belastetes Grundwasser bis hin zur Eutrophierung (dem "Umkippen") von Gewässern, sauerstoffarmen "Todeszonen" in den Meeren und der Ansammlung des besonders starken Treibhausgases Distickstoffmonoxid (Lachgas) in der Atmosphäre.

Wichtige Nitrifikation
Im Stickstoff-Kreislauf wird Ammonium von Mikroorganismen zuerst in giftiges Nitrit und anschließend in das etwas harmlosere Nitrat umgewandelt. Dieser zweistufige Prozess wird "Nitrifikation" genannt und hat eine immense ökologische Bedeutung. Nitrat geht besonders leicht aus Böden ins Grundwasser verloren. Daher reguliert die Nitrifikation, wie viel Stickstoff im Boden als Nährstoff für Wild- und Nutzpflanzen zur Verfügung steht und wie stark Grundwasser, Flüsse, Seen und Meere mit dem Stickstoff aus Düngern belastet werden. Die Nitrifikation ist aber auch für die Reinigung von Abwasser in Kläranlagen unerlässlich und spielt eine wichtige Rolle in der Aufbereitung von Trinkwasser.

Effiziente Comammox-Bakterien
Einem internationalen Team unter der Leitung von Michael Wagner und Holger Daims, Mikrobiologen am Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung der Universität Wien, gelang nun erstmals die Isolierung in Reinkultur und die exakte Charakterisierung eines "Comammox"-Bakteriums. Comammox-Bakterien ("complete ammonia oxidizers") wurden von dem Team erstmalig 2015 in einem Nature-Artikel beschrieben. Sie wandeln Ammonium ganz allein zu Nitrat um – andere Mikroben sind dazu auf Arbeitsteilung angewiesen, in der jeder Partner nur einen der zwei Schritte der Nitrifikation durchführt. "Die Aufreinigung der Comammox-Bakterien von den anderen Mikroorganismen in der Probe war eine riesige Herausforderung, da Comammox-Bakterien sich nur langsam vermehren und wir die optimalen Bedingungen für ihre Zucht noch nicht kannten", sagt Michael Wagner. Mit der Reinkultur gelang der Nachweis, dass Comammox-Bakterien Ammonium selbst dann noch zu Nitrat umsetzen können, wenn das Ammonium nur in äußerst niedrigen Konzentrationen in ihrer Umgebung vorhanden ist. "Comammox-Bakterien vermehren sich zwar langsam, sind dafür aber extrem effizient", so Dimitri Kits, Erstautor der Studie. Holger Daims fügt hinzu: "Dieser Befund verändert unser bisheriges Bild der Nitrifikation völlig. Lange Zeit glaubte man, dass andere Mikroben aus der Gruppe der Archaeen das Ammonium am effizientesten abbauen. Die Comammox-Bakterien können das offenbar noch besser".

Potenzial für neue Anwendungen
Was bedeutet dies für die Praxis in Landwirtschaft, Kläranlagen und Trinkwasseraufbereitung? "Erstmals haben wir Einblicke in die Bedeutung der rätselhaften Comammox-Bakterien für den Stickstoff-Kreislauf gewonnen. Auf dieser Basis kann man neue Ansätze entwickeln, die Nitrifikation zu kontrollieren und in technischen Systemen besser zu nutzen", erklärt Wagner: "Das könnte helfen, die Stickstoff-Problematik zu entschärfen. Jetzt müssen wir noch herausfinden, ob Comammox-Bakterien mehr oder weniger Lachgas freisetzen als andere Mikroben im Stickstoff-Kreislauf".

Die Studie über Comammox-Bakterien wurde von den Wiener ForscherInnen gemeinsam mit KooperationspartnerInnen in Russland, Dänemark und Kanada durchgeführt und vom Wissenschaftsfonds (FWF) sowie vom European Research Council (ERC) (Advanced Grant "Nitricare") gefördert.

Publikation in Nature
"Kinetic analysis of a complete nitrifier reveals an oligotrophic lifestyle“: K. Dimitri Kits, Christopher J. Sedlacek, Elena V. Lebedeva, Ping Han, Alexandr Bulaev, Petra Pjevac, Anne Daebeler, Stefano Romano, Mads Albertsen, Lisa Y. Stein, Holger Daims, Michael Wagner; in Nature,
DOI: 10.1038/nature23679

Wissenschaftliche Kontakte
Univ.-Prof. Dipl.-Biol. Dr. Michael Wagner
Assoz. Univ.-Prof. Dipl.-Biol. Dr. Holger Daims
Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung
Forschungsverbund Chemistry meets Microbiology
Universität Wien
1090 Wien, Althanstraße 14
T +43-1-4277-76600 sowie 76604
E-Mail
E-Mail

Rückfragehinweis
Mag. Alexandra Frey
Pressebüro der Universität Wien
Forschung und Lehre
Universitätsring 1, 1010 Wien
T +43-1-4277-175 33
M +43-664-60277-175 33
E-Mail

Quelle: idw
Diese Pressemeldung wurde auf openPR veröffentlicht.

KOSTENLOSE ONLINE PR FÜR ALLE
Jetzt Ihre Pressemitteilung mit einem Klick auf openPR veröffentlichen
News-ID: 964869 • Views: 541

Diese Meldung "Comammox"-Bakterien: Langsam, aber super-effizient bearbeiten oder deutlich hervorheben mit openPR-Premium

Pressetext löschen Pressetext ändern

Mitteilung "Comammox"-Bakterien: Langsam, aber super-effizient teilen

Disclaimer: Für den obigen Pressetext inkl. etwaiger Bilder/ Videos ist ausschließlich der im Text angegebene Kontakt verantwortlich. Der Webseitenanbieter distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten Dritter und macht sich diese nicht zu eigen.
Wenn Sie die obigen Informationen redaktionell nutzen möchten, so wenden Sie sich bitte an den obigen Pressekontakt. Bei einer Veröffentlichung bitten wir um ein Belegexemplar oder Quellenennung der URL.

Weitere Mitteilungen von Universität Wien


Das könnte Sie auch interessieren:

Hätten Sie es gewusst?
Hätten Sie es gewusst?
… zusätzlich mit einem winzigen Gelplättchen, das ich in die Zahnfleischtasche einsetze – dem PerioChip®. Dieses Plättchen löst sich über einen Zeitraum von mehreren Wochen langsam auf und gibt hierbei kontinuierlich einen entzündungshemmenden Wirkstoff ab. Die Entzündung heilt so langsam ab und die Taschen schließen sich.“ 5. Was tun bei starker Zahnarztangst? „Patienten, …
Grippesaison 2013/2014 – Heilpflanze als Naturmedizin-Option
Grippesaison 2013/2014 – Heilpflanze als Naturmedizin-Option
… Pilzbefall eingesetzt. Wie soll Cystus 052 Infektblocker® angewendet werden? Vorbeugend bei erhöhtem Infektrisiko im Abstand von 60 bis 90 Minuten 1-2 Tabletten langsam im Mund zergehen lassen. Zur unterstützenden Therapie bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum gleichmässig über den Tag verteilt 6xtäglich 1-2 Tabletten langsam im Mund zergehen …
Dyson Airblade Händetrockner
Händetrocknen nicht vergessen - Der Dyson Airblade – ein wirklich hygienischer Händetrockner
… Transport und der Entsorgung von Papierhandtüchern wird die Umwelt belastet. Aber auch herkömmliche elektrische Warmluft-Händetrockner sind nicht wirklich effektiv – und zwar weil sie zu langsam sind. Einige benötigen bis zu 43 Sekunden, bis die Hände trocken sind. Bedingt durch ihre Konstruktion wird nur ein schwacher Luftstrom auf die Hände geblasen. …
aquamax Seemandelbaumrinde
Seemandelbaumrinde - Neues aus Sri Lanka
… und anderen gerbstoffhaltigen Naturprodukten weist die Rinde einige zusätzliche Eigenschaften auf. Die Rinde ist relativ schwer und geht nach kurzer Zeit unter, verrottet extrem langsam und hat eine intensivere Wirkung. Für Garnelen, Schnecken und kleine Fische ist die Rinde nicht nur ein sinnvoller Schleimhautschutz gegen Bakterien sondern bietet auch …
Zahn-OP mit Mikroskop und Laser
Zahn-OP mit Mikroskop und Laser
… entwickeln sich, wenn durch unzureichende Reinigung der Zähne die Menge der Bakterien zunimmt. Diese Bakterien setzen sich im Zahnbelag (Plaque) fest, der sich langsam Richtung Zahnwurzel ausbreitet. Zwischen Zahnfleisch und Zahnwurzel bildet sich ein Spalt, die sogenannte Zahnfleischtasche, die einen idealen Lebensraum für die Bakterien bietet. „Damit …
www.arzneimittel.de – So geht Gesundheit heute!
Die Blasenentzündung - Frauen sind häufiger betroffen
… Harnwegen begünstigen. Aber auch Schwangere Frauen haben ein erhöhtes Risiko, an einer Blasenentzündung zu erkranken, da durch das ungeborene Kind der Harn oft nur langsam ablaufen kann und Keime so länger in der Harnblase verbleiben. Zu den typischen Symptomen einer Blasenentzündung gehören der häufige Harndrang, unangenehm stechende Schmerzen beim …
Die Phagentherapie: Wie ein kleiner Virus unzählige Leben retten könnte
… Streptokokken können ohne hilfreiche Antibiotikatherapie schwere Komplikationen auftreten, die sogar zur Amputation von Gliedmaßen oder zum Tode führen können. Die Lage spitz sich langsam so zu, dass sogar die Weltgesundheitsorganisation WHO vor einer „post-antibakteriellen Zukunft“ mit weltweit vielen Toten warnt. Doch es gibt ein Mittel gegen diese …
Griff zur Zigarette - Gefahr für Zähne und Zahnfleisch
Griff zur Zigarette - Gefahr für Zähne und Zahnfleisch
… hinzu, dass die Inhaltsstoffe des Tabaks die körpereigene Abwehr gegen Bakterien schwächen. Das hat zur Folge, dass Wunden oder Verletzungen im Mundraum nur langsam heilen", erklärt Jürgen Herbert. Gerade wegen des erhöhten Parodontitisrisikos rät der Kammerpräsident Rauchern zu einem regelmäßigen Besuch beim Zahnarzt. "Eine intensive Kontrolle des Mundraumes …
Weihnachtsschleckerei ohne Reue - Zähne und Zahnersatz benötigen während der Festtage mehr Pflege
Weihnachtsschleckerei ohne Reue - Zähne und Zahnersatz benötigen während der Festtage mehr Pflege
… und -rückgang: drohender Verlust von noch bestehenden Zähnen, die als Stützpfeiler für Prothesen oder Brücken dienen. Auch ein fest im Kiefer verankertes Implantat verliert so langsam den Halt. Besonders Süßigkeiten wie Lebkuchen, Schokolade oder Marzipan kleben häufig lange an den Zähnen und fördern die erneute Bakterien- und Plaquebildung. Hier ist …
Es liegt was auf der Zunge - Tägliche Reinigung für guten Atem
… hat eine existentielle Bedeutung für den Menschen und ist Kultobjekt zugleich – doch erfährt sie meist nicht die Pflege, die ihr eigentlich zustehen sollte. Das könnte sich jetzt langsam ändern, denn die Zunge rückt beharrlich in den Fokus der Medizin: So ist sie etwa, bei all ihren Vorzügen, längst als Quelle für Mundgeruch enttarnt – der Bakterienbelag …

Sie lesen gerade: "Comammox"-Bakterien: Langsam, aber super-effizient